Predigt im Auferstehungsgottesdienst für Heinz-Benno Eich SJ
am 7. Januar 2002







Prediger war Bennos Lehrer und Freund: Pater Peter Knauer SJ, Professor für Fundamenta-ltheologie an der philosophisch-theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt / Main

 

Lesung aus dem zweiten Brief des Apostels Paulus an die Korinther ( 2 Kor 4, 5-18 )

5 Wir verkünden nicht uns selbst, sondern Jesus Christus als den Herrn, uns aber als eure Diener um Jesu willen.

6 Denn Gott, der sagte: aus Finsternis soll Licht aufleuchten, er ist in unseren Herzen aufgeleuchtet, damit wir erleuchtet werden zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes auf dem Angesicht Jesu Christi.

7 Wir haben diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt.

8 Wir sind in allem bedrängt und haben doch keinen engen Raum; uns ist bange, aber wir verzagen nicht;

9 wir werden verfolgt, aber sind nicht verlassen; wir werden niedergestreckt, aber nicht vernichtet;

10 Wir tragen immer das Todesleiden Jesu an unserem Leib, auf dass auch das Leben Jesu an unserm Leib offenbar wird.

11 Denn immer werden wir, die wir leben, dem Tod überliefert um Jesu willen, damit auch das Leben Jesu an unserem sterblichen Fleisch offenbar wird.

12 So ist also der Tod wirksam an uns, aber das Leben an euch.

13 Da wir aber denselben Geist des Glaubens haben, wie geschrieben steht: »Ich glaubte, darum redete ich«, so glauben auch wir, und deshalb reden wir auch.

14 Denn wir wissen, dass der, der den Herrn Jesus auf­erweckt hat, auch uns mit Jesus auferwecken wird und uns zusammen mit euch hinstellen wird.

15 Denn das alles geschieht um euretwillen, damit die über­hand nehmen­de Gnade durch den Dank von noch mehr Men­schen die Verherr­lichung Gottes verviel­fache.

16 Darum werden wir nicht müde; sondern, wenn auch unser äu­ße­rer Mensch zugrunde geht, wird doch unser innerer von Tag zu Tag erneu­ert.

17 Denn unsre augenblickliche leichte Bedrängnis schafft uns ein ewiges und über alle Maßen großes Gewicht an Herr­lich­keit.

18 Denn wir schauen nicht auf das Sichtbare, son­dern auf das Un­sicht­bare. Das Sichtbare nämlich ist augenblicks­haft, das Unsichtbare aber ewig.


Evangelium

(Luk 17,5–6)



5 Die Apostel sagten zum Herrn: »Füge uns Glauben hinzu!«

6 Aber der Herr sagte: »Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, könntet ihr zu diesem Feigenbaum sagen: Entwurzele dich und verpflanze dich ins Meer, und er würde euch gehorchen.«


Liebe Schwestern und Brüder!



Am 10. November hatte mir Benno ein E-Mail geschickt, das mit dem Satz endete „Hab ganz herzlichen Dank! Und so oft möglich habe vor Augen, dass wir nur Grund haben uns zu freuen.“

Er schrieb mir am 24. Dezember einen zuversichtlichen Brief, der endete: „Ein Fest, das Dir sogar besonders auffallend Seine Freude wieder bringt, wünsche ich Dir und ein gutes neues Jahr.“



Benno hatte im Internet eine homepage mit dem Namen www.die-predigt.de . Und es gab sogar Kugelschreiber, auf denen diese Adresse stand.



Auf der Website selbst haben Sie dieses Logo, das auch auf ihrem Blatt ist: die beiden Kundschafter aus dem Alten Testament, die eine Traube aus dem gelobten Land zurück zu den Israeliten bringen, ein Bild für das Verhältnis von AT und NT. Sie tragen beide dasselbe: Christus am Kreuz. Anonymer Glaube, ein Glaube, der noch nicht Jesus kennt und unser christlicher Glaube. Es geht beide Male um unsere Gemeinschaft mit Gott. Dann steht darunter: „Die Predigt – eine einzige.“ Wie soll man das verstehen?



Viele Priester und Religionslehrerinnen und Religionslehrer wären glücklich, wenn es ihnen gelänge, immer auch „ein bisschen Glauben“ zu vermitteln. Benno hätte dazu fast zornig gesagt: Eine Predigt, die nicht den ganzen Glauben vermittelt, ist keine Predigt. Eine Predigt, die diesen Namen verdient, läßt erkennen, dass wir von Gott im Heiligen Geist angenommen sind.



Bennos ganzes Leben, seine Arbeit als Priester, diente der Verkündigung dieses Glaubens. Der Gott, ohne den überhaupt nichts wäre, dieser Gott hat uns mit einer ewigen und unbedingten Liebe angenommen. Er ist der Vater, der uns mit der Liebe annimmt, in der er von Ewigkeit her seinem Sohn zugewandt ist. Wir sind bereits in diese Liebe hinein geschaffen. Wir müssen nichts tun, um in sie hineinzukommen. Aber wir tun gut daran, uns das sagen zu lassen. Dann leben wir nicht mehr aus der Angst und Sorge um uns selber.



Für Schüler in einer Berufsschule hat Benno das immer mit den Buchstaben

„G l a M u“

zusammengefasst: Gott - liebt - alle - Menschen - unendlich. Gott hat keine andere Liebe als die zu seinem Sohn und die gilt uns.



In einer Predigt berichtete er, dass in Hannover ein evangelischer Junge einmal in seinen Jugendgottesdienst kam, und dem ist aufgefallen, dass die Jungen und Mädchen mehrmals sich mit dem Kreuzzeichen bezeichnen. Und dieser Junge hat Benno dann am nächsten Tag in der Pause gefragt, ob die denn wissen, was sie tun, ob sie denn bereit sind, für ihren Glauben ihr Leben einzusetzen.



Benno hat in seiner Predigt oft mit dem Mittel der Paradoxie gearbeitet und andere Leute geradezu vor den Kopf gestoßen. Er konnte z. B. sagen: „Beten heißt nicht mit Gott sprechen. Und das soll man bereits Kindern von vornherein beibringen.“ Denn: „Beten heißt: auf Gottes Wort antworten.“ Gott hat zuerst gesprochen. Und er hat uns in Jesus alles gesagt, was wir brauchen.



In einer anderen Predigt sagt Benno: Petrus bittet den Herrn: Herr befiehl, dass ich zu dir komme über dem Wasser. Und er gibt die Antwort Jesu so wieder: „Komm, aber Du bist doch schon da.“



Benno machte Wortspiele, um seine Predigt rüberzubringen. „Gott liebt seine Schöpfung unerschöpflich.“ „Gott nimmt uns nicht trotz unserer Fehler an, sondern es sind nur die Fehler, die trotzen.“ Er konnte auch in bitterer Ironie sprechen: „Es gibt viele Menschen, die denken, dass sie dächten, wie wenige können im Ernst zuhören.“



Für Benno war die Predigt die Aufdeckung der einen Hochzeit Gottes mit den Menschen. Und niemand kann Größeres glauben, als dass wir in die Liebe des Vaters zum Sohn aufgenommen sind. Eigentlich kann auch niemand sich mit weniger begnügen.



Eine Predigt, die nicht alles sagt, sagt nichts wirklich Relevantes.



Benno ließ einmal in einem Gottesdienst am Schluss an seiner Stelle ein Kind den Segen sprechen, weil es nämlich in diesem Wort Gottes um etwas geht, was wir alle einander bezeugen.



Ich erinnere mich an zwei Begebenheiten in Hannover.

Einmal – ich glaube, er gab Unterricht in der Berufsschule – hat Benno die Kinder, die 14, 15, 16 jährigen, die Jugendlichen, gebeten, einmal alle Kirchen der Stadt an einem Sonntag - jeweils einige in jeder Kirche - zu besuchen und ihm zu berichten, ob denn in der Predigt etwas gesagt wird, worauf man sich im Leben und Sterben verlassen kann. Leider war das Ergebnis niederschmetternd. Und ich glaube, man macht sich auch keine Freunde beim Klerus, wenn man mit solchen kritischen Ohren hört.



Die andere Begebenheit – deshalb habe ich dieses Evangelium gewählt – : ich hatte einmal zusammen mit Benno einen Jugendgottesdienst und er pflegte solche Dinge immer ganz liebevoll zu begleiten. Am Schluß des Gottesdienstes bekam jeder ein kleines Tütchen mit einem Senfkorn. Es ist ein ganz erstaunlicher Text. Die Apostel haben auch die Vorstellung, man kann ein bißchen Glauben haben und man möchte eigentlich mehr Glauben haben. Aber die Antwort Jesu bestätigt die Predigt, eine einzige, dass es eigentlich beim Glauben nichts zu überbieten gibt, dass unser Glaube noch so gering sein mag - ungewiß ist er nicht. Wenn wir erfassen, was wir im Glauben haben, dann ist das wie mit einer Flamme, die ganz viele andere Kerzen entzünden kann.



Diesen Schatz des Wortes Gottes, den tragen wir in irdenen Gefäßen. Das unglaubliche und unerhörte Wort Gottes sprengt unsere Begrenzungen.



Benno beendete alle seine Predigten – soviel ich weiß – mit drei Sätzen:

Amen. Das Weitere findet sich. Domini sumus.

„Amen“, das bedeutet: Daran glaube ich.

„Das weitere findet sich“: Aus Glauben gehen gute Werke von alleine hervor.

Und „Domini sumus“ bedeutet zuerst: Wir sind des Herrn, wir gehören zu ihm, das ist unser ewiges Leben. „Domini sumus.“ heißt dann auch: Wir sind Herren unserer Angst. Wir lassen uns nicht mehr von Angst überwältigen. Unser Glaube ist stärker.



Also:

Amen.

Das Weitere findet sich.

DOMINI SUMUS.



Wir sind des Herrn.