Unser Herr

mag nicht (nur) ins Fernsehen

 

Markus 14
12 Und am ersten Tage der ungesäuerten Brote, als man das Passalamm opferte, sprachen seine Jünger zu ihm: Wo willst du, daß wir hingehen und das Passalamm bereiten, damit du es essen kannst?
13 Und er sandte zwei seiner Jünger und sprach zu ihnen: Geht hin in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Krug mit Wasser; folgt ihm,
14 und wo er hineingeht, da sprecht zu dem Hausherrn: Der Meister läßt dir sagen: Wo ist der Raum, in dem ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern?
15 Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der mit Polstern versehen und vorbereitet ist; dort richtet für uns zu.
16 Und die Jünger gingen hin und kamen in die Stadt und fanden's, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passalamm.
22 Und als sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und gab's ihnen und sprach: Nehmet; das ist mein Leib.
23 Und er nahm den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus.
24 Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird.
25 Wahrlich, ich sage euch, daß ich nicht mehr trinken werde vom Gewächs des Weinstocks bis an den Tag, an dem ich aufs neue davon trinke im Reich Gottes.
26 Und als sie den Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.


Einen aufschlußreichen Test unternahm kürzlich ein englischer Journalist: Er kaufte ein Dreipfundbrot und stellte sich damit an belebte Straßenecken verschiedener Städte. Die Vorübergehenden forderte er auf, für dieses Brot eine Stunde lang zu arbeiten. Seine Ergebnisse: In Hamburg wurde er ausgelacht. In New York von der Polizei festgenommen. Im afrikanischen Nigeria waren mehrere Personen bereit, für dieses Brot drei Stunden zu arbeiten. Im indischen New Delhi hatten sich rasch mehrere hundert Personen angesammelt, die alle für dieses Brot einen ganzen Tag arbeiten wollten.

Eine Fronleichnamsprozession ist dreigliedrig
1 Vor dem eucharistischen Brot viele Menschen, mit Fahnen und ohne
2 Das Abendmahl
3 Christen

Diese Gliederung ist nicht gedacht für einen türkischen Kameramann, damit er weiß, was er zu erwarten hat. Diese Gliederung ist auch für die Polizei unbrauchbar. Es ist eine theologische Gliederung, die hinter dem Leib Christi wenige Christen heutzutage erwartet.

Es ist dieselbe Gliederung, die sich auch auf unserem Kelch findet: Die berühmten beiden Weintraubenträger aus dem Alten Testament.

Der erste geht vor der Traube der Erstgeborene vor aller Schöpfung in der Mitte der zweite Träger als Gesellschaft Jesu in der Nachfolge.

Den Kelch haben sich erst einige von Ihnen einmal aus der Nähe anschauen können, als er fertig war und uns geschenkt wurde. Es ist der zweite seiner Art. Den ersten, zerbrochen und geklebt, reichen wir bitte mal durch die Reihen: Auch eine Art Prozession. Eine sehr sinnvolle, wie mir scheint. Die Geschichte, die dargestellt ist, finden Sie im 13. Kapitel des Buches Numeri (Vers 23).

Die heutige Predigt hat drei Teile,
die der Fronleichnamsprozession keine Konkurrenz bieten (können):
1 Gott kommt ins Fernsehen.
2 Das Brot kommt ins Fenster!
3 Wir kommen in Verruf.

1 Heute abend kommt Gott ins Fernsehen. – In beide Programme. Kennen Sie Gott?! Dann wissen Sie, daß er da nicht hin möchte. Nicht weil er nicht telegen wäre! Gott ist sehr telegen! Aber er möchte nicht ins TV, weil er dort wohl sichtbar, aber wohl kaum gesehen wird …

Nachdem die Ansagerin und der Moderator in »heute« und »Tagesschau« angemessener Kürze gesagt haben werden, daß es Juliana und Robert von Lüttich waren, denen wir das Fronleichnamsfest verdanken, werden sie bayerische und Oldenburger Prozessionsausschnitte zeigen wie jedes Jahr.

Juliana hatte 1209 ihre Vision »Scheibe des Vollmonds«. Damals schon konnte Gott nichts machen, wenn Frauen ihre Visionen haben. Robert, der Bischof, hätte, aber er folgte 1246 der Idee, der blinde Fleck auf der Scheibe, der Kirche, müsse weg und ein eigenes Fest zur Verehrung des Brotes müsse her. Vom Essen dieses Brotes hielt man schon lange nichts mehr. Beim »Hören« der Messe, die man als Schauspiel interpretierte, suchte man Stationen des Leidensweges Jesu schauend wiederzufinden. Jesu »TUT das« wurde gemurmelt, lateinisch.

Die Dominikaner waren besonders eifrig in der Förderung des neuen Festes. Aber das ist kein Verdienst der Jesuiten, daß sie diese Förderung den Dominikanern überließen. Haben Jesuiten Verdienste, dann dieselben wie normale Christen: Sie lassen das »Geheimnis des Glaubens« nicht nur beantworten mit »Deinen Tod, o Herr, verkünden wir«. Sie decken das Geheimnis tatsächlich auf, indem sie das Evangelium sagen.

Wo das geschieht, kommt Gott also zum Vorschein. Warum er sich »vron« nennen läßt, »Herr«, »Heilig« oder »Herrlich«, wird dabei erwähnt werden. Daß »lichnam« nicht »Leichnam« meint, sondern das Gegenteil, nämlich »Lebendiger Leib«, wird verkündet werden.

Von allen meinen Schülern wußten gerade zwei, was Fronleichnam los ist. 50 % dieser Schüler wußten sogar, was Fronleichnam nicht los ist! – Gott ist nicht nur äußerst telegen, er ist auch sehr kommunikationsfreudig. Diese Einsichten der Veranstalter der Heiligen Show sind richtig. Aber vergessen scheint, daß man sie auch verstehen kann. Die Einsichten! Die Veranstalter verstehen sich selber nicht …

Es folgt weder aus der Telegenität (im Duden gibt es das Wort nicht, aber hier!) noch aus der Kommunikationsfreude Gottes, daß er, der nichts als Geist ist, ins Fernsehen gehört. Da gehört er nicht hin. Gott hat es sich nun einmal vorbehalten, als Geist ins Wort hinein Mensch zu werden: Gott (allein) begegnet im Wort (allein) (dem Glauben allein)! Keine menschliche Person, so sehr sie sich auch bemühen mag, kann in ihrem Wort einer anderen Person [ganz] begegnen, kein Mensch ist sein Wort; Gott allein aber ist Geist, der im Geist des Wortes, das wir im unüberbietbar verstandenen Sinn Evangelium nennen, begegnet. Daß Gott im mitmenschlichen Wort der Mitteilung begegnet, daß Gott über jedes geschöpfliche Maß hinaus liebt, entspricht der Menschheit Jesu Christi, daß es tatsächlich Gott ist, was man im voraus zum Glauben schon als Möglichkeit verstehen kann, ist allein im Glauben zugänglich, entzieht sich jeder anderen Beurteilung. Das entspricht der Gottheit Jesu Christi.

Gott gehört nicht ins Fernsehen, sondern ins Gehör. Der Glaube an sein Wort, das mit dem SichSelbstOffenbarenden identisch ist, kommt ausschließlich vom Hören. Es muß ihn also schon einer sagen (vgl. Röm 10,17).

Alle vor dem Abendmahl im Zug wollen mutig ihr Bekenntnis geben. Ohne Zweifel. Bloß: Wie heißt es denn?! Es darf eine Rede erwartet werden, die sich als Selbstoffenbarung Gottes verstehen läßt. Während dieser Rede kommt dann Gott, der halbe Sachen haßt, ganz zum Vorschein. Im Wort. Arme Kamera!

Oder darf die Rede nicht erwartet werden? Das Christentum ist fast 2 000 Jahre alt!

2 Das Brot kommt ins Fenster! – Sprach der Bäckermeister, der sowohl wußte, daß er es zum Essen und nicht für eine Monstranz gebacken hatte, aber auch, wie er es am schnellsten verkaufen würde. – Das Brot ist wunderbar wandelbar, sprach er weiter. Die Menschen, die es zu gern essen, am liebsten schon, bevor sie auch nur den Duft den Brotes durch die Schaufensterscheibe gehindert wahrgenommen haben, »müssen« sich erst entschließen, es mir abzukaufen, dann »müssen« sie hereinkommen und es bezahlen. Gewöhnlich machen sie dann eine Prozession damit; nur äußerst selten essen sie es schon hier im Laden.

Während die Menschen sich so aus Interessenten und Hungrigen in Eigentümer oder Besitzer und Genießende wandeln, wandelt sich auch ein und dasselbe Brot. In seiner Bedeutung für sie nämlich: Es war für sie Brot für jedermann, nur nicht für sie. Dann ist es Brot für sie und jedermann, dem sie davon abgeben! Die Eucharistie, der Leib Christi, ist Brot für uns in dem Sinne, daß wir von Jesus Christus selbst leben, und dies nicht nur auf Grund eines Wandelns in unserem Denken. Aber aufgrund unseres Denkwandels, unserer »Umkehr«, nehmen wir unsere Nahrung auch in Anspruch und Besitz.

So einfach lernt man im Theologiestudium die Transsubstantiationslehre der Christenheit nicht, aber dort haben sie keine andere als diese römischkatholische! Sie ist in weniger Minuten erklärt als das Wort Silben hat.

Und etwas zu erklären, bevor man es zeigt, ist das eine. Etwas zu zeigen, ohne es zu erklären, ist das andere.

Beachte bitte nur noch, daß der Priester ganz einfach dabeisteht. Das Denken der Menschen, die wieder Christen werden, wandelt das Brot, in dem Gott, der Geist ist, wieder Mensch wird; den Christen, zu denen die Menschen wieder geworden sind, wandelt sich das Brot in den Leib Jesu Christi.

Stell Dir vor, so der Bäckermeister, ein wirklicher Meister! die Brot genießenden Menschen denken beim Kauen nicht nur an ihren Hausarzt, der's zufrieden ist, weil er ihnen Fasten verbot, sondern sie danken auch! – Stell Dir vor, sie danken, indem sie denken: Wie ich dieses Brot wirklich in mich aufnehme, so will ich des dreifaltigen Gottes unbegrenzte Liebe auch wirklich in mich und mein ganzes Leben zustimmend und begeistert aufnehmen. Stell Dir vor, sie denken so, dann machen sie christliches Abendmahl aus dem Essen eines vielleicht völlig unauffälligen Pausenbrotes, ein Abendmahl, dem nichts fehlt, und kein Prozessionsteilnehmer kann sie daran hindern.

Sie unterscheiden sauber zwischen Können und Dürfen. In der Regel dürfen sie nicht der Feier vorstehen, in der sich das Brot für jedermann wandelt in Brot für sie und jedermann, dem sie es aufdeckend weitersagen. Können tun sie es nicht nur in der Regel, sondern immer. Jeder Getaufte kann sich immer wieder wandeln aus einem, dem die Welt Welt ist, in einen, dem sie Leib Christi ist. Kein »Hokuspokus«, sondern »Hoc est corpus meum«.

Jeder Christ kann beten: Sende Deinen Geist, damit die Welt mir werde, was sie anderen längst schon wieder ist: Deine über alles geliebte Welt.

Schwimmen können nur Schwimmer, denn wer schwimmt, ist Schwimmer. – Der Eucharistiefeier vorstehen können nur Priester; denn wer der Eucharistiefeier vorsteht, ist Priester. – So gut wie alles können wir Menschen verstehen, im Christentum sogar alles. Das Christentum läßt sich ganz verstehen. Zauberer und Mirakel sind außerhalb. Wer der Eucharistie vorsteht, nimmt sein (allgemeines) Priestertum in Anspruch. Er handelt »in persona Christi capitis«; das ist eigentlich eine Funktion des durch die Weihe übertragenen Priestertums.

3 Wir Christen kommen in Verruf oder wir bleiben drin. – Im Altertum oder im Judentum bringt man Blumen, Tiere ja sogar Abrahams Sohn. Und das nennt man Opfer. Menschen bringen Gott (Teile der) Welt, (die ihm ohnehin schon gehört,) damit er nur ja wieder gnädig ist. – Menschenweisheit will Gott tanzen lassen.

Seit 2 000 Jahren bringt Gott den Menschen Gott, damit sie sich nur ja versöhnen lassen. Das nennt Gott Opfer. Seinen eigenen Sohn, sein Wort, gesagt und im Tun gedacht.

Gottes Weisheit will Menschen tanzen lassen. – Fragen Sie Robert, den Bischof von Lüttich, fragen Sie Juliana, ob Gott gezeigt oder gesagt werden will. – Sie werden hinzugelernt haben. – Daß Gottes unbedingte Liebe nichts will, als im mitmenschlichen Wort gesagt zu werden.


Fronleichnam – Lesejahr B
Ex 24,3-8; Hebr 9,11-15; Mk 14,12-16.22-26