Fronleichnam– Lesejahr A

 

Dtn 8, 2-3.14b-16a; 1 Kor 10, 16 - 17; Joh 6, 51 - 58

"Seht, welch ein Mensch!" Der römische Statthalter Pilatus, der dies dem 22. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Frankfurt vorsagte, sah einen Menschen, während er dies sprach (Joh 19, 5).

Aber er bezeugte, daß er keinen Grund fände, ihn zu verurteilen. Ob er glaubte, daß dieser normale schwache Mensch der Gesalbte Gottes war?! Ob er, wie später der Hauptmann (Mk 15, 39; Mt 27, 54; vgl. Lk 23, 47), meinte: Ein wahrhaft lückenlos göttlich gelebt habender Mensch: der wahrlich menschlich gelebt habende Gott?

"Seht, welch ein Mensch!" Nicht von dieser Welt. Unsere evangelischen Schwestern und Brüder in Frankfurt werden sich in diesen Tagen um das Wort kümmern, das Wort Gottes: die Predigt wie das Sakrament. - Sie werden sprechen wie der römische Offizier. Sie werden sogar verstehen, was sie sagen. Aber 200 000 wird höchstens die Polizei zählen. - Solche Augen sind hier aber nicht gefragt.

Ihr wie unser Glaube bezieht sich grundlegend auf das "Wort Gottes": unser Angesprochenwerden, persönlich durch Gott, im normalen Wort des Mitmenschen in der Weitergabe des Glaubens, daß Gott seine Geschöpfe nach seinem statt nach unserem Maß liebt.

Diese Worte sind das Geschehen der Selbstmitteilung Gottes. Die als solche unüberbietbare Gemeinschaft aller Menschen mit Gott: Um Christi willen dürfen wir uns bewegen und sind bereits im Heiligen Geist. Eine Gemeinschaft, die uns aus aller begründet erscheinenden Angst um uns entläßt.

Hören wir einen Mitmenschen so sprechen, hören wir ihn so Gott selbst sagen, sind wir berufen zu bekennen: "Seht, welch ein Mensch!" Nicht von dieser Welt. Aber die soll mit ihm zu tun bekommen!

Denn in ihm ist Gott Mensch geworden und tritt uns "leibhaftig", wie die Bibel das nennt, entgegen: in Raum und Zeit nämlich, ganz objektiv: "Seht, welch ein Mensch!"

Hören wir in der Gott gebührenden Ehrfurcht, daß Gott selbst sich würdigt, uns anzusprechen, um uns seine unüberbietbare Gemeinschaft zu schenken, können wir zu uns, und tatsächlich zu uns selbst sagen: "Seht, welch ein Mensch!"

So sehr hat Gott die Welt liebgewonnen von Anfang an, daß er seinen einzigen Sohn noch heute zur Erscheinung bringt in Raum und Zeit, damit alle, die sich ihn gefallen lassen statt andere für wahr zu halten, nicht mehr in ihrer Angst um sich ertrinken, sondern ihn in Anspruch nehmen und so das ewige Leben, Gott selber haben.

Schreiben Sie das, wie neulich mal einer im Wort zum Sonntag sagte, auf ein Blatt und für einen weinenden Menschen darunter: Auf der anderen Seite siehst Du, wen Gott so sehr liebt. Lassen Sie ihn dort einen Spiegel finden. (Pastor Peter Strauch, 21.2.87) "Seht, welch ein Mensch!"

Lassen Sie diesen Menschen aber auch dann nicht allein, bleiben Sie ihm Für-, Vor- und Zusprecher. Wie mir zum Namenstag gewünscht wurde: für, vor, während u. nach der Predigt. "Seht, welch ein Mensch!"

Glücklich zu preisen mit dem ungekürzten Magnifikat sind all die unter den Teilnehmern der Fronleichnamsprozession, die zu der feierlich umhergetragenen Hostie nichts anderes sagen als: "Seht, welch ein Mensch!"

Sakramente überbieten nicht das "Wort Gottes", das er schließlich selber ist. Wer wollte Gott überbieten?! Sakramente überbieten nicht das "Wort Gottes" und sind auch nichts Zusätzliches zu ihm. Wären sie Zusätzliches, wären sie Welt und gar nicht als Selbstmitteilung Gottes glaubbar.

Sakramente unterstreichen nur, was in der glaubenden Annahme des "Wortes Gottes" geschieht, sie sind Zeichen des angenommenen "Wortes Gottes": "Jede Wirkung, welche materielle Speise und Trank für das leibliche Leben haben - Erhalten, Mehren, Wiederherstellen, Erfreuen -, übt dieses Sakrament für das geistliche Leben aus." - Dies eine nur glaubbare, also in ihrer Autorität nicht zu überbietende Aussage des Konzils von Florenz (DS 1322).

Der Christ sagt zur Hostie: "Seht, welch ein Mensch!" - Und wenn er bei verstehendem Glauben ist, zum Menschen: "Seht, welche Hostie!" - Eucharistie ist Teilhabe am Leib und Blut Christi - so Paulus an die Kor (1 Kor 10, 16). - Die im Geist Jesu Nehmenden und Essenden und Trinkenden und Feiernden sind in ihrer Teilhabe an Christus Sein Leib, die Kirche: nichts als Hostien. Bestimmt, nicht nur herumgetragen, sondern gegessen zu werden!

"Seht, welch ein Mensch!" Die Welt soll mit ihm zu tun bekommen! - "Leib Christi" meint den unlösbaren Zusammenhang zwischen irdischem Erstverkünder Jesus, seiner leiblichen Auferstehung, d.h. seinem in Raum und Zeit begegnenden Wort Gottes unverbrüchlicher Treue, dem Zeichen der glaubenden Annahme dieses Wunders und der zuverlässig lebenden Gemeinschaft: die der Glaubenden.
In jedem Abendmahl kommt der Auferstandene für den Glauben noch heute in Raum und Zeit und damit "objektiv" zur Erscheinung: "Seht, welch ein Mensch!"

Amen.
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Domini sumus.