Ostersonntag – Lesejahr A

 

DIE ANGST - IST MEIST LATENT (VERBORGEN) - DIE AUFERSTEHUNG DAS LAUFEN ZUM LEEREN GRAB = DIE TAUFE

Apg 10, 34a. 37 - 43 Kol 3, 1 - 4 oder 1 Kor 5, 6b - 8 Joh 20, 1 - 9 (oder 18)
Joh 20, 1-9 (Mt 28, 1-10; Mk 16, 1-8; Lk 24, 1-12)


1. Die Auferstehung

Wir interessieren uns alle nur für die Predigt Jesu (z.B.), weil wir etwas suchen, von dem wir uns versprechen, mit unserer Angst um uns menschlich statt unmenschlich zurechtzukommen. - Den meisten Menschen geht es meistens gut. Sie sehen daher gar keine Veranlassung, über ihre Angst nachzudenken, weil ihre Angst so lange verborgen bleibt, bis ihnen etwas genommen wird, von dem sie meinen, daß sie es unter allen Umständen brauchen.

Der Prediger kann nur zu Menschen sprechen, denen es einigermaßen gut geht, die großes - Angst machendes - Elend noch vor sich haben. Mitten drin im Schlamassel hört kaum einer je richtig zu. Das ist die Grundschwierigkeit der Verkündigung: Geht es den Menschen gut, wollen sie nicht hören, geht es ihnen schlecht, können sie nicht hören. - Beginnt man in guten Tagen nicht zu glauben, in schlechten bestimmt nicht. - Unsere Angst um uns ist eine wichtige Sache. Sie kann uns zur Unmenschlichkeit treiben und uns somit letztlich ganz unglücklich machen, alle Freude am Leben verderben.

Aus der Predigt Jesu, das weiß ich schon, bevor ich zuhöre, wird mich nur das interessieren, was nur - und das meint "ausschließlich" - glaubbar ist. Denn eine Aussage, die ich an der Welt verifizieren kann, wird nicht in der Lage sein, mir grundsätzlich zu helfen: Sie ist Welt. Und Welt macht Angst.

Eine Wahrheit, die ich an der Welt prüfen kann, mag mir hin und wieder helfen. Eine solche Wahrheit, die Welt ist, kann mir aber nicht grundsätzlich alle Angst entmachten. - Letztes Interesse habe ich nur an einer Sache, die mich erkennen läßt, daß alle meine Angst grundlos ist und ich mich nicht nach ihr zu richten brauche. - Diese "Sache" kann nur Gott selbst sein. - In der Tat predigt Jesus nun Gott. Jesus, so ist es genauer, predigt Christus, die zweite göttliche Person.

Jesus predigt, daß Gott die Menschen nicht mal so und mal so liebt, sondern bedingungslos unendlich: Gott schafft die Menschen in die Liebe hinein, die er selbst ist. Die Predigt Jesu lautet, daß alle Menschen in der Liebe Gottes zu Gott, des Vaters zum Sohn, unüberbietbar geborgen sind.

Mitten im Heiligen Geist zu leben, das bedeutet zwar nicht, daß uns die Angst um uns genommen wäre, aber sie hat nicht mehr das letzte Wort: Nichts, das uns Angst und Schrecken einjagt, kann uns aus dieser Liebe Gottes herausreißen. - Die Botschaft Jesu macht uns "angstbereit" (Rudolf Bultmann).

Die Botschaft Jesu lautet, daß Gott völlig bedingungslos jeden Menschen jederzeit über jedes irdische Maß hinaus liebt. Nur das "über jedes irdische Maß hinaus" ist das spezifisch Christliche. Und diese Botschaft Jesu ist Christus, der Bote, Gott in seinem zweiten Selbstbesitz.

Mir ist bewußt, daß diese Stelle in der gesamten Theologie die schwierigste ist. - Aber anderseits habe ich noch nie erlebt, daß einer wirklich erfassen kann, worum es im Christentum eigentlich geht - was ich davon habe! - wenn er das nicht verstanden hat, daß diese WORTE: "Gott liebt unendlich" PERSON sind. - Wenn ein Mensch zu einem anderen sagt: "Ich liebe Dich!", dann möchte er so verstanden werden, daß er keinerlei Vorbehalte machen möchte. Im Gegenteil, er will sich dem Geliebten ganz und gar anvertrauen und erschließen. Alle Pläne und Wünsche, Sehnsüchte und auch Schwächen sollen offen zu Tage liegen. Wer sagt, daß er aufrichtig liebt, der ist bereit, den ersten Schritt zu tun und somit verletzlich zu werden und zu bleiben. Liebe will Ganzheit und ist halb gar nicht zu denken.

Wer sagt: "Ich liebe Dich!", der möchte gar nichts anderes mehr als lieben. Der möchte nur noch Liebe für den anderen sein, die durch nichts getrübt ist. Der wirklich Liebende möchte am liebsten in dieses sein Wort hineinschlüpfen, nichts mehr als Liebe sein. Er möchte dieses sein Wort sein, er will nichts dringender, als Liebe sein, der Geist dieses Wortes. - Der Mensch möchte sein eigenes Wort sein. - Das kann der Mensch aber nicht. Aus seiner Begrenztheit folgt, daß er dieses sein noch so ernst gemeintes Wort nicht sein kann. Er bedarf darüber hinaus der Kleidung, der Speisen und Getränke, des Atems und der Hygiene usw. - Der Mensch kann sein Wort der Liebe nicht ganz und gar sein; er bedarf vor allem selber der Liebe.

Nun kann Gott im Gegensatz zum Menschen gar nicht anders gedacht werden als unbegrenzt. Wenn Gott also sagt, daß er grenzenlos liebt, dann ist er selbst dieses Wort. Gott kommt im mitmenschlichen Wort, das diese unbedingte Liebe sagt, selber in Raum und Zeit zur Erscheinung. - Gott ist nun aber nicht auf dieses Wort, das gesagt wird oder auch ungesagt bleibt, beschränkt. Seine Anwesenheit ist unbegrenzt und nicht vom Sagen abhängig. Gott ist keine Marionette unserer Sprache.

Aber wenn wir sein Wort sagen, wo immer das Evangelium gehört wird, kommt Gott ganz und gar leibhaftig, in Raum und Zeit nämlich, zur Erscheinung. Die Botschaft, daß Gott grenzenlos liebt, ist Gott selbst. Genau: Christus, die zweite göttliche Person, die Jesus von Nazaret erstmals sagte. - Der Mensch will sein Wort sein, Gott ist sein Wort, der Christ sagt das Wort, ist das Wort Gottes.

Wenn ich zu wählen habe, eines Tages - vielleicht! - in den Himmel zu kommen, oder seit meinem Anfang bereits darin zu sein, wie es die Botschaft Jesu unwiderlegbar sagt, dann ... Mitten im Himmel, mitten im Heiligen Geist, da stehe ich über jedem Problem. Selbst wenn ich es nicht zu lösen vermag, kann es mich der grenzenlosen Liebe Gottes nicht entreißen: Auferstanden bin ich, als Auferweckter hat Gott mich ins Leben gerufen. Jesus sagt: "Ich bin die Auferstehung!" (Joh 11, 25) Jesus sagt nicht: "Ich werde auferstehen!"

 

2. Die Taufe

"Da ging Petrus und der andere Jünger hinaus, und sie kamen zum Grab. Es liefen aber die zwei miteinander, und der andere Jünger lief voraus, schneller als Petrus, und kam zuerst zum Grab, schaut hinein und sieht die Leinentücher liegen; er ging aber nicht hinein. Da kam Simon Petrus ihm nach und ging in das Grab hinein." Das Grab Jesu hat der freundliche Herr Joseph zur Verfügung gestellt, der von Arimathia. Er wird sich ein neues für sich gesucht und hoffentlich gefunden haben, denn die Auferstehung ist nicht so zu denken, daß das Grab nach einiger Zeit wieder frei gewesen wäre. Dafür hätte es dann Zeugen gegeben, für die das Glauben beendet gewesen wäre.

Wenn Jesus sagt: "Ich bin Christus" kann er das auch so formulieren: "Ich bin die Auferstehung!" Die Auferstehung Jesu bedeutet, daß sein Sterben seine Botschaft, Christus eben, keineswegs widerlegt. Jesu Leben wurde ihm im Sterben nicht "genommen, sondern gewandelt", wie eine unserer Präfationen formuliert. Auferstehung meint keine "Rückkehr" ins irdische Leben, auch keine "Fortsetzung" des irdischen Lebens, sondern den "Neubeginn" des irdischen Lebens, den ich in Anspruch nehmen kann, sobald mir mein VonAnfangan-Auferstandensein mitgeteilt worden ist.

Das Grab Jesu hat einen ganz bestimmten Ort. Das Grab Christi keinen. Es gibt kein Grab Christi. - Glauben heißt: Immer wieder feststellen, daß jegliches Grab leer ist. Nirgendwo ist ein Mensch beerdigt, sondern nur seine äußere Gestalt, die er zum Leben in Gott nicht unbedingt braucht. Nirgendwo ist die Hoffnung für immer beerdigt. Ließen wir sie fallen, können wir sie wieder aufnehmen. Nirgendwo ist die Liebe beerdigt. Wir können uns von ihr wieder anstecken lassen.

Zum Glauben kommen, das heißt zum leeren Grab kommen. Wir sagen Mathias David in der Taufe nichts anderes, als daß das Leben nirgendwo begraben ist. Gottes unendliche Liebe zu jedem Menschen, Gottes unüberbietbare Gemeinschaft mit Mathias David, steht unverbrüchlich. Niemand kann sie umbringen und begraben. Nichtösterliches hat weder Gesicht noch Stimme.

3. "Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun ..." (Vgl. Joh 14, 12).

Nun,
als Dunkelheit über das Land kam,
entzündete Joseph von Arimathia
eine Fackel aus Fichtenholz
und stieg den Hügel hinab
ins Tal, denn er hatte
im eigenen Hause zu tun.

Und im Tale der Betrübnis
sah er auf den spitzen Steinen
einen Jüngling knien, der war
nackt und
weinte.

Sein Haar war honigfarben,
und sein Leib war eine
weiße Blume, doch
hatte er seinen Leib mit Dornen
verwundet und
auf seinem Haar Asche
gesetzt als eine Krone.

Und der Reiche sagte
zu dem Jüngling, der nackt
war und weinte:

"Ich bin nicht
verwundert,
daß Dein Kummer so groß
ist, denn sicher war
Er ein gerechter Mann."

Und der Jüngling gab
die
Antwort: "Nicht um Ihn
weine ich, ich
weine um mich selber.

Auch ich
habe Wasser in Wein
verwandelt und heilte
die Aussätzigen und gab
den Blinden das Gesicht
wieder.

Ich bin
über den Wassern
gewandelt, und aus
den Grabeshöhlen
vertrieb ich
die Teufel.

Ich habe
die Hungrigen in der Wüste
gespeist, da keine Nahrung war,
und weckte die Toten
aus ihren
engen Häusern
auf, und auf
mein Gebet und vor einer
großen Menge Volkes
vertrocknete
ein fruchtbeladener Feigenbaum.

Alles,
was dieser Mensch getan
hat, habe
ich auch getan. Und doch haben
sie mich nicht gekreuzigt."
(Der Meister, Oscar Wilde)

Die Menschen halten es für ein Wunder, wenn Gott jemandes Willen erfüllt. - Christen kennen das Wunder. Es geschieht, wenn sie den Willen Gottes tun. Sie tun ihn: Sie sagen die Auferstehung weiter. - Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes (Vgl. Röm 8, 39).


Amen.
Das Weitere findet sich!
Domini sumus.