Trans-
substantiations-
lehre

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Transsubstantiationslehre - verständlich

Der Rote Faden durch den christlichen Gottesdienst

Neulich - und das möchte ich Ihnen unbedingt erzählen - bin ich in der Stadt Hanna und Jan und ihrer Cousine Maria begegnet. Sie standen vor dem Schaufenster zur Bäckerei, drückten sich die Nasen platt und spielten Erstkommunionunterricht. - Jetzt wollen Sie sicher wissen, wer Jan und Hanna und Cousine Maria sind und wie man denn Erstkommunionunterricht spielt.

Zunächst also: Hanna und Jan und Cousine Maria sind keine Kinder mehr; Jan wurde gestern genau vierzehn. Aber immerhin, von Kindesbeinen an spielen die drei, die zu meinem engsten Freundeskreis gehören, schrecklich gern Erstkommunionunterricht. (Das hätte ich auch gesagt, wenn sie nicht hätten kommen können. Sie sitzen mitten unter uns.) Wie macht man das aber nun - Erstkommunionunterricht spielen? Nun, die drei standen zunächst einfach so vor der großen Schaufensterscheibe des Bäckermeisters; das ist nämlich eine wichtige Voraussetzung, um Erstkommunionunterricht spielen zu können. Die allererste Voraussetzung, Erstkommunionunterricht spielen zu können, ist jedoch die, daß man wartet, bis man ganz mächtigen Hunger hat.

Ich beobachtete die drei und sorgte dafür, daß sie mich nicht sahen, aber ich sah, wie sie ihre Nasen an die Scheiben des Bäckerladens drückten, ich sah, daß sie Erstkommunionunterricht spielten. Ich weiß nämlich, wie das geht, und ich will Ihnen jetzt verraten, wie man Erstkommunionunterricht spielt.

Man wartet und wartet, bis man ganz viel Hunger hat. (Alle Leute müssen da ziemlich lange warten - nur ich nicht …) Dann klemmt man sich ganz viele Spielsachen unter den linken Arm und ganz viele Spielsachen, die man alle gar nicht braucht, um Hunger zu stillen, unter den rechten Arm. Dann legt man noch ein großes Krokodil aus Plüsch, wenn man eins hat, über die Schultern. In die linke Hand nimmt man einen Tennis- oder Federballschläger und in die rechte einen Ball. Lauter Krempel rings um einen herum, alles Zeug, das man, um den Hunger zu stillen, wirklich nicht braucht. So geht man zum Schaufenster des Bäckermeisters und drückt sich die Nase platt.

Vor dem Schaufenster des Bäckermeisters merken Cousine Maria und Hanna zuerst: Da drin das Brot hinter der Theke, das die Bäckermeisterin hütet wie ihren Augapfel, das ist gutes Brot, aber nicht unser Brot. Wir haben solchen Hunger! Das ist Brot! Aber es ist nicht unser Brot! - Wir haben ganz großen Hunger, und zu essen haben wir nichts bei uns. Bei uns haben wir nur Spielzeug, und das kann man ja nicht essen. Wir haben Riesenhunger, aber nur ganz viel Sachen bei uns, die gegen den Hunger gar nicht taugen …

Wir sehen das Brot. Das müßte unser Brot sein, dann ging es uns gut, dann hätten wir keinen Hunger mehr! … Besonders wenn wir uns inzwischen hinter Hanna und Jan und Cousine Maria geschlichen haben und auch noch Gedanken lesen können, dann merken wir, wie die drei nun eine Pause machen.

Ich rate Ihnen, genau das Brot im Auge zu behalten, das die Bäckerin im Laden hütet wie ihren Augapfel. - Da überlegen die drei gerade weiter: Da drin das Brot …

Wir merken inzwischen, daß sich das Brot überhaupt nicht geändert hat, das Brot auf der Theke, das Brot im Regal, das Brot, auf das die Bäckermeisterin ein Auge hat, das sie hütet wie ihren Augapfel. Hanna und Jan und Cousine Maria sagen sich: Da drin das Brot …  - nicht unser Brot … Das müßte unser Brot sein, … dann ging es uns gut, dann hätten wir keinen Hunger mehr …

Wir haben solches Verlangen nach Brot, aber wir haben kein Brot. Wir sehen das Brot, aber es ist nicht unser Brot. Was wir haben, ist Spielzeug auf den Schultern, unter dem linken Arm, unter dem rechten Arm, in der linken Hand und in der rechten Hand … Was wir haben, ist Spielzeug, das man oft braucht, aber gewiß nicht immer. Was wir haben, ist Hunger, schrecklichen Hunger … Wir sehen das Brot, das man immer braucht … Wir können uns aber schon einmal fertig machen, wir können uns schon einmal bereiten. Vielleicht gibt uns einer das Brot. Wir wollen die Zeit nutzen und uns schon einmal bereit machen.

»Wie wär es«, sagt Hanna, die kluge, zu ihrem größeren Bruder, der gestern vierzehn wurde, »wir würden das Krokodil schon mal von den Schultern herab auf den Bürgersteig legen, den Schulranzen sowieso schon und dann noch den Ball und den Schläger und alles, was wir unter dem linken und dem rechten Arm haben. Wir legen alles, was wir zum Hungerstillen nicht brauchen, beiseite. Alles, was wir an Spielzeug bei uns haben, legen wir hin. Unsere Hände sind leer, wir sind empfangsbereit und brauchen das Brot, das man uns bietet, nur noch zu nehmen.« - Das Brot im Laden ist unverändert. Die Kinder haben gesagt, daß sie Hunger haben und daß sie alles andere weglegen wollen, um das Brot auch nehmen zu können, das den Hunger stillen kann, wenn es ihnen nur jemand gibt.

Wir stehen dahinter und können Gedanken lesen. Vor allen Dingen nutzen wir unsere Augen, um durch die Scheibe - geputzt oder ungeputzt - hindurchzuschauen, um festzustellen: Donnerwetter, das Brot hat sich ja immer noch nicht geändert. Es ist Brot im Regal, auf der Theke, das die Bäckermeisterin hütet wie ihren Augapfel.

Das Brot hat sich überhaupt nicht geändert. Noch ehe wir uns versehen, sind Maria, Jan und Hanna im Laden drin, flink, wie sie nun sind ohne das Gepäck und mit offenen, bereiten Händen.

Und wir sehen drittens, daß sie vertrauen - dem Wort der Bäckermeisterin vertrauen und ihr Brot nehmen - in beide Hände. »Aha,« denken wir, die wir nicht nur Gedanken lesen können, sondern uns wirklich auf unsere Augen verlassen: Wir sehen nun: das Brot ist immer noch Brot, aber nun ist es Hannas und Jans und Cousine Marias Brot, vorher war es das nicht.

Das Brot hat sich in sich überhaupt nicht verändert. Aber war es vorher Brot im Regal, auf der Theke, der Bäckermeisterin Brot, ist es jetzt Cousine Marias, Hannas und Jans Brot. - Genaugenommen hat sich die Einstellung Marias, Hannas, die Einstellung Jans zu dem Brot gewandelt: Sie hielten Spielzeug für wichtiger als die Sättigung durch Brot, sonst wäre es zu solch Riesenhunger gar nicht gekommen. Sie hatten beide Arme voll … und gräßlichen Hunger, wie man ihn braucht, um Erstkommunionunterricht zu spielen.

Wir kriegen gerade eben noch mit, bevor die drei wie ein Wirbelwind verschwinden, wie sie »Danke!« sagen und gesättigt auf und davon sind.

Das war die gesamte Transsubstantiationslehre der zweitausend Jahre alten Mutter Kirche: Nicht das Brot wandelt sich, nicht der Priester zaubert Gott in Oblaten hinein. Der Priester betet vielmehr: »Sende Deinen Geist, … damit es uns werde«, was es zuvor schon ist und für andere längst … - Die Menschen wandeln sich aus solchen, die Spielzeug für wichtiger hielten als Gottes grenzenloses Erbarmen, in solche, die Gottes grenzenlose Zuwendung wieder für wichtiger halten, ja für vollkommen ausreichend, wenn ihnen einmal das Spielzeug flöten geht, ja wenn ihnen sogar einmal die Gesundheit angeknackst ist. Sie wandeln sich in solche, die Gottes grenzenlose Zuwendung für vollkommen ausreichend halten, selbst wenn es vor Alter und Krankheit ans Sterben geht.

Leute, die sich in Christen zurückwandeln, sagen dann als erstes, wenn der Priester zum ersten Mal so macht (der Prediger breitet die Arme aus, wie er es bei den Gebeten macht, die er stellvertretend für die Gemeinde spricht):
· »Verzeih, Vater, wir haben Hunger. Die Speise kennen wir, das Brot [- schlechthin! - würden Professoren sagen] - aber wir haben alles andere für wichtiger genommen. Wir haben Hunger, es tut uns leid, daß wir anderes für wichtiger hielten, statt Dein Wort, Deinen Sohn, Dein Brot zu nehmen« (= Tagesgebet, 1. Oration).

Dann sagen sie, die sich wandeln können, weil sie Gottes Wort schon hörten, - die sich wandeln wollen:
· Wir legen alles ab, was uns hindert, empfangsbereit zu sein für Gottes unendliches Erbarmen. Spielen wollen wir, wenn Zeit ist zu spielen. Deine grenzenlose Güte nehmen wollen wir immer.
· Wir machen uns bereit für den Fall, daß Gott uns dieses Brot weiterhin reicht, seinen Sohn, wir ihn auch tatsächlich nehmen. Wir sind schon zuende gewandelt und wollen - wie die drei eben der Bäckermeisterin - aufs Wort vertrauen, wir wollen wieder [auf!] Gottes Wort vertrauen, sein Brot nehmen, das er uns gibt, seinen Sohn.
· Unsere Hände sind bereit. Durch das Wort, den Sohn Gottes, das Brot, gestärkt, wollen wir wieder neu anfangen (Gabengebet, 2. Oration). -
· Am Schluß sagen wir in der dritten Oration »Danke!«.

Auf einen Gott, der sich wandelt, der das nicht gleich von Anfang an getan hat, auf einen Gott, der sich verwandeln läßt, hineinzaubern läßt in Gestalten von Brot und Wein, verzichtet die zweitausend Jahre alte Kirche von ihrem ersten Tag an. Brot und Wein wandeln sich wesensmäßig und also auch in ihrer Bedeutung für uns; es darf darüber nachgedacht werden, ob sie es verborgen nicht schon waren: Leib und Blut unseres Herrn Jesus Christus.

Die Kirche lädt im Namen Gottes die Leute ein, sich zu wandeln. Wir hören den Priester: »Sende Deinen Geist,  … damit es uns werde«, was es zuvor schon ist und für andere längst … Wir nehmen die Einladung an und sprechen:

· »Verzeih, Herr, wir haben Hunger und kennen das Brot.«

· »Wir schmieden neue Pläne und fangen neu an zu leben - Deinem Wort entsprechend - und sind bereit.«
Solche Leute hören dann Gott höchst persönlich:
»Bitte, Ihr könnt nach wie vor, wie Eure Dichter sagen, meinen Sohn ›zum Fressen gern‹ haben.«
Am Ende der Wandlung, der Aufnahme dieses Brotes, am Ende der Eucharistie sagen sie:

· »Danke!«
So gibt man Gott, was Gottes ist!

Die ganze Transsubstantiationslehre in einer einzigen Predigt und dann noch gleich der Rote Faden, an dem entlang das Abendmahl, die Eucharistie, gefeiert wird.